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James Walsh – Hasselt, 14.04.2023

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Ort: Café Café, Hasselt
Vorband: Ize

James Walsh - Hasselt, 14.05.2023

Der Typ von Starsailor.
Als ich die britische Popband Starsailor das letzte Mal sah, spielte sie vor 5000 Menschen in einer ausverkauften O2 Victoria Warehouse Arena in Manchester. Als ich Starsailor das vorletzte Mal sah, spielten sie in einer mehr als halbleeren Zeche in Bochum. Vor über 20 Jahren erschien Starsailors Meisterwerk Love is here. Wie heute jeder weiß, kam danach nicht mehr allzu viel. Silence is easy, das zweite Album, zwei Jahre später veröffentlicht, schwächelte schon leicht. „Four to the floor“ und vielleicht „Silence is easy“ sind gute Singles. Ihr drittes Album erzielte in Europa dann nur noch in Belgien eine TOP 15 Position. Die Single „Tell me it’s not over“, von der – wie James Walsh im Laufe des Konzerts erzählt – jeder in der Band dachte, dass sie ein sicherer Hit sei, floppte total.

But it did alright in Belgium.

Dabei ist „Tell me it’s not over“ ein schöner britischer Popsong. Doch 2009 wollte das niemand mehr hören…

Nach All the Plans 2009 war dann erstmal Pause mit Starsailor. James Walsh nahm ein paar Soloplatten auf und erst 2017 veröffentlichte die Band ihr Album Nummer vier. Bekam das jemand außerhalb der Hardcore Fanbase mit? Ich fürchte, nein.
Wie viele andere auch verbinde ich mit der Band nur das erste Album Love is here. „Poor misguided fool“, „Alcoholic“, „Lullaby“, „Fever“, „Love Is Here“ und „Good Souls“ sind sechs große Hits, die Love is here mitbringt. „Alcoholic“ war lange Zeit mein Lieblingslied, Love is here fand ich damals viel besser als Travis Alben oder die letzte Charlatans Platte. Und das sind die Songs, die das Publikum hören möchte. Das war 2020 in Manchester so, das ist 2023 im Café Café in Hasselt so.

James Walsh weiß das natürlich, und er liefert. Das Konzert startet mit „Good souls“ und danach ist immer jeder zweite Song ein alter Starsailor Smasher. Dazwischen spielt er Songs von seinen Soloplatten. Auch dieser Backkatalog ist beachtlich. Seit 2012 hat er fünf Platten und fünf EPs rausgehauen. James Walsh ist also nicht nur Starsailor! Aber er ist es in erster Linie. Im Café Café sehe ich definitiv niemanden, der nur seine Solo-Sachen hören mag. Alle wollen auch Starsailor Hits hören. Klaro.

Ich wusste nicht so recht, was mich erwartet, als ich die Idee, mit nach Hasselt zu fahren, bejahte. James Walsh. Mh, was mag das bringen? Kann ich das 2023 noch hören? Solo akustisch? Aber ein bisschen neugierig war ich schon. Und am Ende des Tages war ich mehr als überrascht. Es war ein Spitzenkonzert mit tollen Momenten und einem sehr sympathisch wirkenden Sänger. Hätte ich am Sonntag nicht andere Termine gehabt, ich wäre auch glatt nach Sittard gefahren, wo er ein weiteres Konzert spielte. Es sind so ca. 100 Leute im Café Café, als um halb neun die Tür zum kleinen Konzertsaal geöffnet wird. Intim ist ein gern genutzter Begriff für solche Konzerte. Ich nenne es mal gemütlich. 

Im Vorprogramm spielt die belgische Singersongwriterin Ize. Sie hat ihre gesamte Familie und Freunde mit dabei. Die feiern die Sängerin ordentlich ab. Die neutralen Besucher schauen nur kurz bei „Zombie“ – ja, dem Cranberries Song – auf und widmen sich ansonsten anderen Dingen: Bier holen, noch kurz was besprechen, Dinge auf dem Handy klären. Aber das Cranberries Cover ist gut und dank der schönen Stimme von Ize nah am Original. Die anderen Songs gefallen mir nicht so, ich finde sie allesamt zu lang, die Enden fasern mir mit ihren langen uhuhuhus und oohhoos zu sehr aus.

Wenn James Walsh „Way to Fall“ singt, ist es im kleinen Clubraum mucksmäuschenstill. Diese Version ist traumhaft schön, sie wird wohl so auf der 20 Jahre Love is here Jubiläumsplatte zu finden sein. Überhaupt leben Starsailor sehr mit ihrer Vergangenheit. Im Herbst gibt es eine Jubiläumstour zu 20 Jahren Silence is easy und alle Alben werden remastered und extended wiederveröffentlicht.

Das Konzert läuft gut. Die Stimmung pendelt zwischen Singalong Konzert und Pubatmosphäre. James Walsh genießt das sichtlich. Ich auch. In dieser Form habe ich Starsailor Songs noch nicht gehört. Es ist großartig, auch weil der kleine Laden ordentlich gefüllt ist. In Belgien scheint es für Starsailor (wenn ich James Walsh mal mit der Band gleichsetze) immer noch zu laufen. Ich bin mir nicht sicher, ob das anderswo bei seinen Solo Konzerten auch immer der Fall ist. Ich sah Fotos von eher leeren ersten Reihen…
Sei es drum, in Hasselt ist die Stimmung top. Auch, weil alle die Texte kennen und mitunter stark mitsingen. Um 22.15 Uhr schaut James Walsh auf die Uhr. Ich auch. Uii, schon fast 75 Minuten rum. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist. Was für ein tolles Konzert! James Walsh murmelt etwas von ‘ich habe keine Setlist, daher muss ich kurz schauen… ich spiele noch a couple of songs…’ und macht das dann. Darunter auch ein Cover: „Jealous guy“ von Roxy Music. Kann man machen.

Es gibt im Anschluss noch eine Zugabe und dann ist das Konzert um kurz nach halb elf vorbei. Draußen startet gleich die Disco. Es ist Freitagabend und vor der Tür diskutieren die ersten Teenager mit dem Türsteher. Ich glaube nicht, dass sie alle reinkommen. So alt sehen sie nicht aus.

Gestern Maastricht, heute Hasselt und morgen das Little Waves Festival in Genk. Unser Kurzausflug nach Limburg macht Spaß.

Kontextkonzerte:
Starsailor – Manchester, 06.03.2020 / O2 Victoria Warehouse
Starsailor – Bochum, 24.10.2015 / Zeche
Starsailor – Köln, 18.11.2003 / E-Werk


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